Friedrich August Quenstedt



 in F.A. QUENSTEDT (1872-1875) Petrefactenkunde Deutschlands

Ersten Abtheilung, Dritter Band, ECHINODERMEN (Die Echiniden, 1875), p.78-81

 

   

5. Cidaris florigemma tab. 63 fig. 85—94.

 

          Phillips Geology of Yorkshire 1829 pag. 127 verglich die prachtigen Stacheln ans dem englischen Coralline Oolite mît eiuer Blumenknospe, welche schon Plott (Historia Oxon. 1677) kannte und nach ihm Llwyd (Lithoph. Britann. Ichn. 1699 Nro. 1002) viel passender laticlavius seu cucumerinus nannte. Walch (Naturg. Verst. II. 1 tab. E. VI fig. 9) und besonders Parkinson (Org. Eem. 1811 III. tab. 4 fig. 15) nahmen die Benenûung „gurkenfôrmig“ wieder auf, aber um spâter Wrgessen zu werden. Die Kronen finden sich im eng-lischen „Coralline Oolite“ von Oxford- und Wiltshire in beneidenswerther Reinheit, daher gehôrt die einzige Jurassische bei Parkinson 1. c. III. pag. 2 tab. 1 fig. 9 auch ihm an. Parkinson stellte sie zum Cidaris papillata von Leske, und sagt schon sehr bestimmt, dass sie zwischen den Füthlergangen vier Knotenreihen habe; wenn diese auch nicht, abgesehen von den noch kleinern Trabanten, „equal sized“ sein mögen. Wenn sie überhaupt im Süddeutschen Jura vorkommeu sollten, so sînd es jedenfalls Seltenheiten, um so mehr muss es auffallen, dass sie Goldfuss (Petref. Germ. tab. 39 fig. 3. c. d) den Blumenbachiern zuschrieb. Dennoch tritt sie in den Nachbargegenden so gewöhnlich auf, dass der verstorbene Oppel (die Juraformation 1858 pag. 646) eine Florigemma-Zone annahm, welche in der Schweiz, hauptsächlich dem „Terrain à Chailles“ (Kieselnierenkalk), unserm untern Weissen Jura entspricht.

          Die Stacheln gehören durch ihre längliche Gurkengestalt auf kurzem Stiele mit kurzem gestreiftem Halse zu den eigenthümlichsten und in ihrer Normalform zu den leicht erkennbaren. Bei den Vaches noires in der Normandie hebt sich dieser Hals fig. 91 durch seine graue Farbe gegen den purpurfarbigeu (laticlavius) Stiel ausserordentlich deutlich ab, ohne dass eine Wulstlinie sie trennt. Dadurch schliessen sie sich mehr an marginatus und Blumenbachii, aïs an coronatus an. Die Knoten stehen in Längsreihen übereinander, und werden, wie bei den Blumenbachiern, durch eine markirte erhabene Linie unter einander verbunden. Ja öfter sieht man oben an den Knoten noch ein kleines accessorisches Stück fig. 88. x (vergrôssert), was an die Goldfuss’schen Stachein pag. 75 erinnert, obgleich die Gelenkfläche dafûr minder ausgesprochen ist. Oben endigen die Stacheln mit einem Strahlenkranz, dessen Mitte bald mehr, bald weniger erhaben ist. Die Knoten sind bald gröber fig. 86, bald feiner fig. 85. Bei kleinen und dünnen fig. 87 kann die richtige Bestimmung dann sehr schwer werden, wenn uns nicht das Vorkommen leitet, wie hier das Terrain à Chailles im Lûtzelthal fig. 85— 88 (Canton Solothurn). Noch mehrere Abänderungen gibt Desor (Echin. Helvét. tab. 5 fig. 7—14), die sich fast bis zur Kugelform steigern, abgesehen von den eigenthümlichen Missbildungen. Ueber die zugehörigen

          Perisomen weiss ich zwar nicht viel zu sagen, allein unser Stück fig. 89 kam wenigstens mit den Stacheln zusammen vor. Es hat noch grosse Aehnlichkeit mit coronatus, zwei Knotenreihen zwischen den Fühlergängen zeichnen sich vor den inuern zwei kleinern Reihen durch Grosse aus, und etwa 15 Perlen stehen auf dem erhabenen Rande des Höfchens. Die Nahtregion auf den Interambulacren nicht sehr breit. Der Gelenkkreis unter den durchbohrten Köpfen der grossen Assel gegen den After hin sehr deutlich gestrahlt, während man bei den kleinern gegen den Mund hin nicht eine Spur von Strahlung wahrnimmt. Nur vier vollständige Asseln in einer Reihe, die fünfte vertritt schon die Stelle der blinden. Desor und Wright (Echin. Ool. Form. pag. 47) geben dagegen 6 bis 7 an, wahrscheinlich an ihren viel grösseren Exemplaren gezählt. Die Sache fallt mir auf. Demi eine Differenz von zwei sollte bei dieser Grosse nicht stattfinden. Obwohl mein Exemplar nicht zu den gut erhaltenen gehört, so lassen doch die blinden Asseln um den Afterkreis und die Ohren, welche ich innerhalb des Mundkreises blos gelegt habe, keinen Irrthum in der Zählung zu. Höchstens, dass noch eine unvollkommene hin und wieder am Mundkreise gesessen haben könnte. Die Reinheit gewisser englischer Exemplare ist unvergleichlich, einzelne Stellen liegen zwar in einem grauen harten Mergel, aber das Uebrige ist um so vortrefflicher. Zwischen den Fûhlerporen zeichnen sich die äusseren Knotenreihen durch Grosse aus, es wechseln aber kleinere unregelmässig mit grössern ab. Die innern sind nur klein, und von zweierlei Kaliber. Die kleinen Kronen erreichen kaum 5 Asseln in einer Reihe. Auch bei den grössern von ½ Zoll Durchmesser ist die sechste verkrüppelt am Mundkreise, oder blind am Afterrande. Da nun Wright die grössten Exemplare auf 2",4 angibt, so mag das obige grössere Zahl von Asseln erklären. Auch im Stuttgarter Naturalienkabinet liegt ein Stück mit 6—7 Asseln. Die Normannischen Stacheln tab. 63 fig. 91—94 bei den Vasches noires zeichnen sich durch ganz besondere Pracht , aus^ man bekommt von den dortigen Zollvächtern (Douaniers) lichte fig. 94 und dunkele fig. 92, welche sie an den dortigen Meeresküsten um Dives herum sammeln. Die Spitze endigt flacher als bei den Schweizern. Der Vorsprung nach einer Seite des Stieles lässt sich nicht verkennen, wir haben daher drei verschiedene Ansichten, davon fällt der Rücken am geradesten ab. und hier reicht die Knotenzeichnung etwas tiefer hinab. Der Gelenkrand der grössten fig. 94 ist am stärksten gekerbt, was ebenfalls auf stärkere Strahlung der Gelenkscheibe der grössern Asseln hindeutet. An den dunkeln fig. 91. x (vergrössert) ist die Verbindungslinie der Knoten zierlich, gestreift, schon bei den lichten nimmt man dieses zierliche Merkmal nicht wahr, vielleicht machte es nur die Erhaltung undeutlich. Eigenthümlich ist die allmählige Zuspitzung fig. 93 gerade wie es auch Wright von gewissen Englischen zeichnet. Anschwellungen am Unterende fig. 91 beruhen wohl nur auf Missbilduug.

In Wiirttemberg kam mir nur ein einziges Mal ein verwandter Stachel tab. 63 fig. 90 ans den Sternkorallenlagern ε bei Sirchingen oberhalb Urach zu Händen. Er gehörte zwar einer blinden Assel, allem sein übriger Bau, trotz der entstellenden Verkieselung, weisst ihn hier hm, namentlich findet sich auch am Ende der breite Strahlenkranz, was ihn entschieden von coronatus trennt. Wie jeder gute Typus einen Ausgangspunkt für ganze Reiben von Modificationen bildet, so wird es auch hier sein. Da es aber zur Zeit noch nicht möglich war, die Bedeutung der kleinen Unterschiede zu ergründen, so thut man wohl, nicht zu viel zu trennen. Nach der Mannigfaltigkeit der Stacheln zu urtheilen, müssen freilich noch viele Species unter den Körpern verborgen sein. Ich schliesse daher hier sogleich einiges Verwandte an : Quenstedt, Echinod